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2018 – Die Top-Stars aus Bolgheri und der Maremma

2018 – Die Top-Stars aus Bolgheri und der Maremma

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2018 – Die Top-Stars aus Bolgheri und der Maremma

Der Jahrgang 2018 brachte nicht nur in Bordeaux große Weine hervor, auch weltweit gab es ausgezeichnete Qualitäten in Hülle und Fülle. Doch solche Hitzejahre sind auch immer ein zweischneidiges Schwert. Denn die Kombination aus hohen Erträgen, tiefen Säureund hohen Alkoholwerten können die Weine aus der Balance bringen. Entscheidend sind unter anderem die Wasserversorgung, alte Rebstöcke und perfektes Lesetiming. Besonders für Rebsorten, die eher das Kühle vorziehen und von niedrigen ph-Werten profitieren. Aber auch für Bordeauxblends mit hohem Merlotanteil geht es um Alkoholmanagement, weswegen Klassikliebhaber solche Weine stets mit etwas Skepsis beäugen. Doch nicht überall war 2018 ein Jahr der Hitzerekorde mit andauernder Trockenheit. Selbst dort nicht, wo man es erwartet.

 

Spannend ist ein Vergleich des kürzlich verkosteten Bordeauxjahrgangs mit Bolgheri und der Maremma, die ja ebenfalls überwiegend auf Bordeaux-Blends setzen. Die Idee zu diesem Vergleich kam mir während des Zoom- Tastings mit Ornellaia anlässlich der wirklich gut organisierten Online-Pressekonferenz der «Vendemmia d’Artista». Da ich in 2018 selbst viel in Italien unterwegs war, erinnere ich mich noch zu gut, dass es teilweise in Deutschland wärmer und trockener war als dort. Das machte mich neugierig und ich stellte mir die Frage: War 2018 vielleicht gar kein wirkliches Hitzejahr in Bolgheri? Jein! Natürlich war es insgesamt auch dort ein relativ warmes Jahr. Aber nicht so heiß, wie man vermuten könnte, nicht so ungewöhnlich heiß wie in anderen europäischen Weinregionen.

 

 Der Jahrgangsverlauf

Noch im März gab es von Nord nach Süd ungewöhnliche Schneefälle bis in die Tallagen. Der Austrieb erfolgte verspätet. Nach einem heißen April waren Mai und Juni in ganz Italien niederschlagsreich und erforderten, ähnlich wie in Bordeaux, hohen Pflanzenschutz.

Auch in den klassisch heißen Monaten wie Juli und August gab es keineswegs überall in Italien Rekordtemperaturen. Klimatisch war der Stiefel zweigeteilt: Während von der Mitte zum Norden hin stabiles Hochdruckwetter herrschte, gab es insgesamt weiterhin viel Niederschlag mit mäßigen Temperaturen. Selbst im sonst so heißen und ariden Süden war es heterogener.

Bolgheri – nicht ganz so heiß, aber heiße Weine

Als ich während der Pressekonferenz Axel Heinz, Direktor von Ornellaia, nach der Einschätzung des Jahrgangs fragte, dürften einige von seiner Antwort überrascht gewesen sein. Der Jahrgang sei «nicht einfach gewesen », leitete er die Antwort ein. «Das Frühjahr war gekennzeichnet von ausgiebigen Niederschlägen; ein hartes Stück Arbeit im Weinberg. » Aus dem Jahrgangsbericht heißt es: «Der Frühling sollte als einer der regenreichsten überhaupt in der Geschichte in Erinnerung bleiben, mit dreimal höheren Niederschlagsmengen als im jahreszeitlichen Durchschnitt sowie hohen Temperaturen im April. Trotz des späten Austriebs konnten die Reben dank der klimatischen Bedingungen und des schnellen Wachstums die Verspätung wieder aufholen und begannen eine ganze Woche früher zu blühen. Obwohl die Niederschlagsmengen geringer ausfielen als im Mai, blieben sie den ganzen Monat Juni hindurch überdurchschnittlich hoch. Der Sommer war dann sonnig und warm und ließ die Trauben bestens reifen. Insgesamt kann der Jahrgang aber eher als verhältnismäßig kühl eingestuft werden. Bäm! Danach riefen mich einige Kollegen an, ob sie sich denn verhört hätten. Aber genau so hat er es gesagt und so ähnlich steht es auch in der sogenannten «Scheda Tecnica» zum Jahrgang. Denn nach einer schwülen und heißen Periode mit insgesamt weniger Sonne als im Durchschnitt, kühlte es in der letzten Augustwoche ab. Im schönen Spätsommer mit viel Sonne und Wärme und kühlen Nächten konnten die Trauben optimal ausreifen. Jedenfalls ein deutlich kühleres Jahr als 2017 und nicht so heiß wie in anderen Regionen. Man muss sich halt auch immer Region für Region genau anschauen.

Die «Aia-Bolgheri-Superstars» im Vergleich

Es ist immer ein besonderes Vergnügen, diese beiden Ikonen zu vergleichen. In diesem Zusammenhang werde ich meine erste Begegnung mit damals noch Tantris-Chefsommelier Justin Leone nicht vergessen, der die beiden «Aias» etwas herabschätzend sinngemäß als Weine für «Leute ohne Eier» titulierte, was er natürlich provokativ und nicht ganz ernst meinte.

Aber zurück zu den beiden «Aias». Ich hatte das Glück, dass ich beide Berühmtheiten nebeneinander verkosten konnte. Bei Ornellaia fällt auf, dass in 2018 ein ungewöhnlich hoher Anteil an Merlot im Blend ist. Mit 51 % so hoch wie nie zuvor. Ob es für den Cabernet Sauvignon gar zu kühl war, wollte ich wissen oder war der Merlot einfach so gut. Bei solchen zweiteiligen Fragen mit Negativ-Positiv-Konnotation ist es immer verlockend, sich auf den für einen selbst günstigen Teil zu fokussieren. Und so sagte mir Axel Heinz: «Durch den regenreichen Frühling fehlte allerdings der übliche sommerliche Trockenstress. Das hat eher den Merlot begünstigt, aber den Cabernet Sauvignon etwas benachteiligt. Er konnte zwar problemlos ausreifen und hat wunderbar aromatische und feingliedrige Weine hervorgebracht, denen es nur ein wenig an Dichte, an «Fleisch an den Knochen» fehlte. Dies konnte allerdings durch einen etwas höheren Merlot- Anteil ausgeglichen werden.»

Ornellaia versus Sassicaia

Man merkt dem Wein jedenfalls an, dass die vom Cabernet kommende lineare «Dominanz» fehlt. Der Wein wirkt etwas runder, gefälliger. Auch wenn der Ornellaia 2018 mit höherem Merlotanteil nicht ganz so konzentriert wie in der Vergangenheit auftritt und ganz samtig, ja fast wie Samt und Seide auf der Zunge anmutend, bleiben sich beide Häuser in ihrem Stil treu. Denn im Gegensatz zu Ornellaia enthält der Sassicaia traditionell keinen Merlot, sondern besteht ausschließlich aus Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Aber auch stilistisch liegen da größere Unterschiede als die wenigen Kilometer Distanz zwischen den beiden Gütern suggerieren könnten. Historischerweise fühlt sich die Tenuta San Guido eher dem Bordeaux verpflichtet. So zeigt sich auch der Wein nach dem sehr vertikalen 2016er und dem wolllustigen 2017er wieder sehr klassisch. Der Wein ist vertikal, strahlt große Noblesse und Grazie aus und dürfte von großer Langlebigkeit sein. Keine Spur von Hitze. Dafür viel Bolgheri und diese edle erdige Cabernet- Würze mit vielen Terroirnuancen.

 

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