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Château Marjosse – Pierre Lurtons Private Label

Château Marjosse – Pierre Lurtons Private Label

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Château Marjosse – Pierre Lurtons Private Label

Erstmals berichten wir über Château Marjosse, das vom legendären Pierre Lurton (Direktor von Château Cheval Blanc und d’Yquem) und seiner Frau Alexandra Forbes geführt wird. Im Kontext dieser Verkostung gab es noch eine edle Nachverkostung in kleiner Runde. Unter anderem gab es einige legendäre Cheval-Blanc-Jahrgänge wie 1961, 1983, 2005 und 2009.

Chefredakteur Giuseppe Lauria mit Pierre Lurton und seiner Frau Sex Forbes bei der Präsentation von Château Marjosse im Essener Golfclub

Pierre Lurton ist eine der bekanntesten Weinpersönlichkeiten Frankreichs. Als Direktor von Château d‘Yquem und Cheval Blanc leitet er zwei der größten Ikonen in Bordeaux und im Sauternais. Fast unscheinbar betreibt er nebenher mit seiner Frau Alexandra Forbes ein eigenes kleines Weingut. Château Marjosse ist ein Landgut im Entre-deux-Mers, am rechten Bordeaux-Ufer. Anlässlich einer Weinprobe von «Der Weinhandel» in Essen verkostete ich die relativ preiswerten Weine in Anwesenheit von Pierre Lurton und seiner Frau Alexandra Forbes.

Ursprünglich im Besitz des Weinhändlers Bernard Chénier, wurde Château Marjosse von der Familie Deleuze erworben, die 1990 einige Parzellen an Pierre Lurton in Pacht abtrat. 1992 zog der junge Lurton, der im benachbarten Château Reynier aufgewachsen war, in eine Zweitwohnung auf Château Marjosse und kaufte im Laufe der Jahre mehrere Teile des Anwesens. Im Jahr 2000 ließ Lurton einen hochmodernen Weinkeller mit über 40 Zementtanks bauen und wurde 2013 schlussendlich Eigentümer des gesamten Weinbergs und der Gebäude.

Zwei ganz große Cheval Blanc-Jahrgänge

Pierre Lurton trug schon als junger Mann große Verantwortung: Mit 32 Jahren heuerte ihn Bernard Arnaud, Präsident von LVMH und einer der reichsten Menschen der Welt, für den Job auf Cheval Blanc an. Nur wenig später fragte ihn Arnaud, ob er nicht auch den gerade vakant gewordenen Posten auf d‘Yquem übernehmen wolle. Zufälligerweise liegt Marjosse zwischen Cheval Blanc und d‘Yquem im Entredeux-Mers. Das war nur eine der Anekdoten, die er uns an diesem vergnüglichen Abend, an dem wir unter anderem auch einige herausragende und legendäre Cheval-Blanc-Jahrgänge genossen haben: 2009, 2005, 1983, 1961.

Montrachet-Klone von DRC

Eine weitere erzählte uns seine Frau Alexandra Forbes, die hauptberuflich Wein- und Food-Journalistin in ihrem Heimatland Brasilien ist. Es ging um den «Chardonneret». Die Stöcke hätte sie von Hubert de Villaine, dem legendären Besitzer und langjährigen Kellermeister der Domaine Romanée Conti (DRC), erhalten. Eines Abends saß sie bei einem Gala-Dinner in Paris neben Villaine. Gerade nach Bordeaux gezogen, kam natürlich die Frage auf, wie ihr die Region gefalle. «Sehr gut bis auf die Tatsache, dass ich keinen Sauvignon Blanc mag», war ihre Antwort. So drehte sich das Gespräch vor allem um Chardonnay. Alexandra erklärte Hubert de Villaine, wie und warum sie mit Pierre Lurton gern Chardonnay anpflanzen möchte. Überzeugt von Alexandras Enthusiasmus und in dem Wissen um Pierre Lurtons Fähigkeiten als Winzer, stimmte Hubert de Villaine zu, Klone aus der weltberühmten Parzelle Montrachet zur Verfügung zu stellen.

Sie pflanzten den Chardonnay auf einem kleinen Kalkstein-Hügel, den sie aber in Anlehnung an die diversen Vogelarten rund um das Weingut «Chardonneret» tauften. Ganz sicher der stärkste Weißwein in der Kollektion und sicher einer der Weine, die in einigen Jahren – zu vermutlich deutlich höheren Preisen – gesucht sein werden. Blind verkostet würde man nie auf einen Bordeaux kommen, man denkt eher an einen deutlich teureren Mersault. Dieser wunderbar dichte, in feinem Holz ausgebaute Chardonnay kostet aktuell um die 39 €.

Der Weinberg

Château Marjosse umfasst ca. 50 ha Weinberge. Das Terroir besteht aus Sand-, Lehm und Kalkböden an Hängen, die sich in der Spitze bis zu 60 Meter erheben.

Marjosse, erzählt uns Pierre, war ein Abenteuer. Als er das Weingut erwarb, wuchsen die falschen Reben auf dem falschen Boden, die Pflanzdichte war zu gering, die Kellertechnik nostalgisch. Pierre investierte, baute einen neuen Keller, pflanzte um, setzte neue Stöcke in wesentlich engerem Abstand zueinander – und änderte den Stil der Weine. Die Reben sind zwischen 25 und 75 Jahre alt.

 

Vinifizierung und Ausbau

Der legendäre 1961er-Jahrgang ist eine absolute Rarität

Im Jahr 2017 stellte Pierre Lurton Jean-Marc Domme als technischen Direktor ein. Damit hatte Pierre Lurton mehr Möglichkeiten, die Produktion zu perfektionieren, denn vorher lief Marjosse so nebenher. Er initiierte eine nach Parzellen getrennte Vinifizierung und die Schaffung von Mikro-Cuvées aus den einzelnen Parzellen, um die Charakteristika der einzelnen Herkünfte und deren Mikroklima besser zum Ausdruck zu bringen. Die Weinbereitung kann man in zwei Linien unterteilen. Die erste Hälfte reift im Stahltank, wodurch besonders die Weißweine ihre fruchtig-aromatische Frische bewahren – typische Entre-Deux-Mers- Weine, die man sich zu Austern und Krustentiere an einem heißen Sommertag am liebsten auf Cap Ferrer wünscht. Die anspruchsvollere Linie wird in temperaturkontrollierten Zementtanks vinifiziert und in französischen Eichenfässern – großteils in 300 bis 600-l-Fässern („demi-muids“, ohne neues Holz) ausgebaut. Dazu gehört der Chardonneret und der ebenfalls im Holz ausgebaute Palombe. Bei den Roten stachen die beiden reinsortigen Weine heraus. Der Merlot «Trilogie» sowie der Cabernet Franc «Cuvée Ortolan». Überraschend gut präsentierte sich auch der 42 Monate auf der Hefe liegende Blanc de Blancs. Der Zusatz «Anthologie» in den Weinnamen drückt den neuen Weg aus, den man hier seit 2018 geht. Die Bezeichnungen sind eine Hommage an die dort vorkommenden Vogelarten (ebenso die Etiketten) und eine Idee von Alexandra Forbes.

Die Verkostungsnotizen

Blanc de Blancs Brut (N.V.): 42 Monate auf der Hefe. Präsentiert sich im Duft komplex mit feiner Brioche- und Mandelnote, roten Beeren, kandierten gelben Früchten, Grapefruit und zart oxidativer Art mit feinen Röstnoten. Im Mund schmelzig mit zart cremiger Textur, schöne Saftigkeit, feines Mousseux, weinig. 18/20 –2026

Die Weißweine

2022 Marjosse Blanc: Sémillon (45 %), Sauvignon blanc (35 %), Sauvignon gris (15 %), Muscadelle (5 %). Ein duftiger und aromatischer Weißwein mit weißen Stachelbeeren und weißen Blumen, Grapefruit. Delikate, animierende Art, wunderbar frisch mit zart saliner Art. Ein Wein
mit Easy-Drinking-Suchtfaktor. 16/20 trinken

2020 Anthologie de Marjosse Cuvée Chardonneret: Die Klone stammen aus Montrachet von Romanée Conti (siehe oben). Im Duft zeigt sich dieser Chardonnay komplex mit feiner Rauchnote und gekonntem Holzeinsatz, was nobel und distinguiert wirkt. Dazu kommen Anklänge an Ananas und zartgelbe Früchten, grüne Birne, junge Aprikosen, aber die wirkliche Distinktion kommt durch die präzise Art und die mineralisch-kalkigen Akzente, die dem Wein burgundisches Flair verleihen. 18.5/20 –2030

2021 Anthologie de Marjosse Cuvée Palombe: Sémillon, Sauvignon gris, Sauvignon blanc. Diese Cuvée zeigt sich noch deutlich vom Holzausbau geprägt, dahinter kommen würzigätherische Noten zum Vorschein wie Eukalyptus, Nadelholz und Mandeln. Im Mund ist er elegant, druckvoll mit feinmaschiger Art, dichtem Kern und cremiger Textur. 17.5+/20 2025 – 2031

2019 Anthologie de Marjosse Cuvée Hirondelle: 100 % Muscadelle. Zeigt sich im Duft mit viel verführerischer Gelbfrucht, Honigblüten und Zitruszesten. Im Mund cremig und ungemein schmelzig mit gelbfruchtiger Konzentration und feiner Frische, wieder einem Touch Blütenhonig und Mandarine im Finale. 17.5/20 –2028

Die Rotweine

2018 Château Marjosse Anthologie de Marjosse Cuvée Ortolan: 100 % Cabernet Franc. Die Stöcke hat Lurton aus einer Sélection Massale gewonnen. Würziges Bouquet der feinen und elaborierten Art, Leder, Gewürze, rote Pflaumen, wunderbare florale Noten, die an rote Blumen erinnern. Im Mund super saftig, durchzogen von einer aromatisch-würzigen Linie, sehr territorial geprägt, Noten von nasser Erde und Sous-Bois runden ihn Profil ab. 18/20 –2028

2018 Château Marjosse Anthologie de Marjosse Cuvée Gros Bec: 100 % Malbec. Marjosse verfügt über einige Parzellen 50 Jahre alter Malbec- Reben, die seit der Reblausplage von 1872 nicht mehr so oft angepflanzt wurden. Der Malbec, eine der 5 zugelassenen Bordeaux-Grand Cru-Sorten zeigt sich hier sehr rund und ausgewogen mit schmelzig-charmanter Art, blauen und dunklen Früchten, etwas Kakao und feinmaschigem, süßem Tannin. Ein wunderbarer Essensbegleiter. 17.5/20 –2028

2018 Trilogie Merlot: Komplexes, kühl wirkendes Bouquet mit blauen Beeren und Früchten, Brombeere, Cassis und mineralisch-erdigen Noten, die an Eisenkraut erinnern. Im Mund mit kühler und cremiger Art, ausgewogen mit schöner Tiefe, die vor allem durch die mineralischen Eisennoten verstärkt wird. 18+/20 –2030

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