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Wie Phoenix aus der Asche: Interview mit Anton F. Börner von Ômina Romana

Wie Phoenix aus der Asche: Interview mit Anton F. Börner von Ômina Romana

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Wie Phoenix aus der Asche: Interview mit Anton F. Börner von Ômina Romana

Mit italiensicherer Leidenschaft und deutscher Akribie verwirklichte der Unternehmer Anton F. Börner vor rund zehn Jahren seinen Traum und gründete mit seiner Familie in den Albaner Bergen ein eigenes Weingut: Ômina Romana. Schon der erste vermarktete Jahrgang sorgte mit spannenden Weinen für Furore. Weinwisser-Autor Giuseppe Lauria hat mit Anton Börner über das besondere Terroir von Ômina Romana, seine Erfahrungen als Deutscher mit der italienischen Bürokratie und den „familiären Sündenfall“ gesprochen, ohne den Ômina Romana vermutlich nie entstanden wäre.

Interview

Giuseppe Lauria: Vor rund 10 Jahren haben Sie unweit von Rom von jetzt auf gleich ein Musterweingut gegründet, praktisch wie „Phoenix aus der Asche“, das Symbol Ihrer Etiketten. Was ist Ihre Motivation, Wein zu machen?

Anton F. Börner: Seit Generationen hat meine Familie ein Faible für die Landwirtschaft. Schon mein Urgroßvater hatte einen landwirtschaftlichen Betrieb, den er im ersten Weltkrieg mangels Nachfolge verkaufen musste. Dies hat uns nachhaltig geprägt und über Generationen beschäftigt. Ein echter familiärer Sündenfall, der immer mal wieder den Wunsch aufkommen ließ, diese Wurzeln wiederzubeleben. Als Unternehmer wollte ich etwas schaffen, was auch wirtschaftlich Sinn macht. Weil Wein als Marke globalisierungsfähig und individuell vermarktet werden kann, fiel uns die Entscheidung sehr leicht. Unser Projekt ist langfristig angelegt, wir wollen damit Erfolg haben und Geld verdienen.

Lauria: Hatten Sie Vorbilder aus der Welt des Weins?

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Börner: Nein. Wir wollen niemanden kopieren, sondern etwas Eigenes auf die Beine stellen. Wir orientieren uns dabei an dem neuesten Stand der Wissenschaft der Universitäten Geisenheim und Florenz. Ziel ist es, Weine von internationalem Format zu machen. Wir sind eine Manufaktur, die die Symbiose zwischen Handwerk und Wissenschaft sucht.

Lauria: Als Standort haben Sie das mittelitalienische Latium gewählt. Eine Region, die weder zu den klassischen Sehnsuchtsgebieten der Deutschen gehört, noch für seine Spitzenweine bekannt ist. Ist das dem Zufall geschuldet?

Börner: Na ja, nicht ganz. Ausschlaggebend waren für uns einzig und allein die Qualität der Böden und Klimafaktoren sowie die Größe des Weinguts. Wir wollten mindestens 40 Hektar Weinberge auf Top-Terroir. Hier auf Ômina Romana haben wir beste Bedingungen vorgefunden.  Ich gestehe jedoch ein: Wenn wir diese woanders gefunden hätten, wären wir auch dort hingegangen.

Lauria: Verstehe ich das richtig, dass Sie sich demnach nicht unbedingt als latinisches Weingut sehen?

Börner: Völlig richtig. Wir sind nicht einfach nur ein latinisches Weingut – sondern Ômina Romana. Als neues Weingut in der Toskana oder dem Piemont, wären wir auf die Region reduziert worden. Wir wollten aber eigenständig wahrgenommen werden und nicht als Anhängsel einer Region. Wir haben ein globalisiertes Markenkonzept und wollen nicht durch einen Standort geprägt sein, der selbst als Marke fungiert.

Lauria: Hätte die Wahl auch auf einen Standort in Deutschland fallen können?

Börner: Grundsätzlich schon. Aber wir haben rund 80 Hektar Land gekauft. Größe und Preis waren ausschlaggebend für unsere Entscheidung. Wo kann man in Deutschland 80 Hektar in dieser Qualität kaufen?

Lauria: Wenn Sie mir den Preis verraten, denke ich gerne mal darüber nach…

Börner (lachend): Glauben Sie mir, da werden Sie kaum fündig. Für uns waren 40 Hektar Land, das absolute Minimum – und das in Top-Lagen. Da wird es zu einer echten Herausforderung in Deutschland Entsprechendes zu finden. Außerdem ist meine Frau Italienerin.

Lauria: Das ist natürlich ein starkes Argument. Apropos Italien – wie haben Sie bisher die Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden empfunden? Italien gilt oft als sehr bürokratisch.

Börner: Das gestaltete sich qualvoll bis katastrophal. Ich sehe das als einen der Hauptgründe, weshalb es dem Land wirtschaftlich so schlecht geht.

Lauria: Das klingt nach frustrierenden Erfahrungen. Ich bin sicher, Sie können uns ein Beispiel geben?

Börner: Unzählige. Eine sehr bezeichnende Begegnung hatten wir direkt zu Beginn unseres Vorhabens: Um unser Projekt umzusetzen, mussten wir das bereits bepflanzte Land roden. Dazu brauchten wir eine Genehmigung. Wir haben eine Anfrage gestellt, auf die jedoch keine Reaktion kam. Nach zwei Monaten fuhr unser Agronom persönlich zu dem zuständigen Amt, wo man unseren Antrag durchaus kannte. Zur Erteilung der Genehmigung muss das Land zunächst besichtigt werden. Das entscheidende Problem lag aber darin, dass man der Behörde das Dienstfahrzeug gestrichen hatte, weshalb man nicht zu unserem Grundstück kommen konnte. Mein Agronom bot daraufhin eine Mitfahrgelegenheit an. Erst dann klappte es mit der Genehmigung.

Lauria: Sie sind in Ihrer Funktion als Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA) auch beratend für die italienische Regierung tätig. Worin sehen Sie die Hauptprobleme? Das Potenzial ist ja da.

Börner: Italien hat ein enormes wirtschaftliches Potenzial – leider stehen sich die Italiener dabei oft selber im Weg. Neben der Ineffizienz der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und der staatlichen Institutionen sticht ein großes Problem heraus: Jeder kämpft gegen jeden, was eine Misstrauenskultur geschaffen hat. So kommt das Land auf internationalen Märkten nicht weiter. Man blockiert sich selbst. Und die Politik schafft es nicht, Brücken zu bauen, Interessen zu bündeln und zu vermitteln.

Lauria: Ist das der Grund, weshalb Sie lieber auf die mächtigen römischen Götter vertrauen? Die Weine von Ômina Romana tragen alle Namen aus der römischen Mythologie. Wie kam es dazu?

Börner (lachend): Auf die kann man sich wenigstens noch verlassen. ÔMINA ist Latein und der Plural des Wortes Omen, ein Vorzeichen auf ein zukünftiges Ereignis. Es erschien uns als die perfekte Symbiose der historischen Weingegend Latium mit jahrhundertealter Tradition und dem unbekannten Potenzial, das unser Projekt noch in sich birgt. ROMANA hingegen verweist auf die gesamte römische Kultur, die uns bei unserer täglichen Arbeit begleitet. So lag es nah, den vier Linien unserer Cuvées römische Leitfiguren zuzuordnen: Hermes Diactoros, Diana Nemorensis, Janus Geminus und Ceres Anesidora. Die Eigenarten der Götter spiegeln sich in den unterschiedlichen Stilen der Weine wieder, im Hinblick auf Schwere, Dichte, Zugänglichkeit.

Lauria: Was ist Ihr langfristiges Ziel?

Börner: Wir wollen spätestens in fünf Jahren in einem Atemzug mit den besten Weingütern Italiens genannt werden und unter der Ômina-Flagge auf den großen Tafeln der Welt präsent sein.

Lauria: Ambitionierte Ziele. Was macht Sie so zuversichtlich, dass Sie damit Erfolg haben werden?

Börner: Das besondere Terroir und unser Top-Personal sind zwei wesentliche Faktoren. Alle Mitarbeiter sind sozialversichert, festangestellte und arbeiten hoch-engagiert und mit großer Freude. Zudem haben wir mit Claudio Gori einen der besten Önologen des Landes.

Lauria: Was macht das Terroir denn aus?

Börner: Die Reben stehen auf vulkanischen Tuffstein-Böden, tagsüber weht eine frische Brise vom 25 Kilometer entfernten Meer und nachts sorgt der Wind aus den Albaner Bergen für eine Abkühlung der Reben. Zudem kommen vom Gran Sasso starke Winde zu uns, die eine permanente Ventilation mit sich bringen. Die Kombination aus den Winden vom Meer und vom Gebirge birgt ideale Konditionen für perfekt ausgereiftes Lesegut.

Lauria: Trinken Sie auch gerne Rieslinge und Pinot Noir?

Börner: Ja, sehr gerne. Ich habe mir sogar aus Spaß ein paar Quadratmeter angepflanzt. Aber für Riesling und Pinot Noir ist das Klima bei uns einfach nicht gemacht. Dafür umso mehr für Cabernet, Merlot und Chardonnay sowie für ausgewählte autochthone Sorten.

Lauria: Wie kamen Sie auf diese Rebsorten?

Börner: Das hat wissenschaftliche Gründe. Wir haben mit italienischen Agrarexperten und der Hochschule Geisenheim zusammen gearbeitet, um herauszufinden, welche Rebsorten auf diesem Terroir und in diesem Klima am besten geeignet sind. Wir haben die Qualität der Böden untersucht und ihre Charakteristika analysiert. Am Schluss hatten wir eine Liste mit idealen Rebsorten, aus der wir uns dann internationale aber auch autochthone Rot- und Weißweine herausgepickt haben. Diese Sorten finden hier perfekte Bedingungen. Als eigentlicher Pinot-Liebhaber bin ich hier sogar zum Merlot-Fan geworden.

Lauria: Sie tauschen einen Pinot Noir gegen einen Merlot ein?

Börner: Wir mussten die Erfahrung machen, dass einige Rebsorten sich gar nicht gut in unser Terroir einfügen, wie etwa der Pinot Noir. Ich liebe Pinot Noir, keine Frage. Für Ômina Romana habe ich aber dieses große Opfer gebracht, um unsere Weine weiterhin in Premiumqualität anbieten zu können.

Lauria: Welchen einheimischen Rebsorten würden Sie das größte Potenzial zusprechen? Gibt es da bereits Experimente?

Börner: Bellone und Cesanese werden gigantisch. Wir haben beide Rebsorten noch nicht präsentiert, aber sie versprechen ein exorbitantes Potenzial für die Veröffentlichung 2016. Außerdem experimentieren wir mit einem Moscato-Passito, den wir als Süßwein vorsehen. Mehr will ich aber noch nicht verraten. Nur so viel: Alle drei bereiten uns jetzt schon viel Freude und wir sind überzeugt, dass da Großes entsteht.

Lauria: Sie haben innerhalb kurzer Zeit schon erstaunliche Erfolge feiern können. Worauf führen Sie das zurück?

Börner: Das Geheimnis unserer Weine ist natürlich ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Wir legen großen Wert auf den Lesezeitpunkt. Die Wetterstationen im Weinberg helfen uns, den perfekten Lesezeitpunkt sehr genau zu bestimmen. Und da wir alles von unseren eigenen Leuten durchführen lassen, sind wir sehr flexibel. Wir haben auch keine fremden Erntehelfer.

Lauria: Können Sie sich noch an Ihr erstes Weinerlebnis erinnern? Ich meine eins, das bei Ihnen Gänsehaut ausgelöst hat?

Börner (lachend): Das kann ich sogar wirklich! Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, war ich mit meinen Eltern im Burgund. Es gab Chambertin Grand Cru in riesigen Gläsern. Ich war total fasziniert, wie der Sommelier den Wein in diesen Riesenkelchen präsentierte und fragte meinen Vater, ob ich probieren dürfe. Der rote Saft roch nach Johannisbeeren. An den Jahrgang kann ich mich aber nicht mehr erinnern.

Lauria: Ist daraus eine Liebe zum Burgund entstanden und geblieben?

Börner: Oh ja, das ist sie. Und wenn es die Bedingungen erlaubt hätten, dann hätte ich gerne Pinot im großen Stil gepflanzt. Aber der Standort spricht einfach nicht dafür. Umso mehr aber für die von uns gepflanzten Rebsorten.

Lauria: Was macht für Sie einen großen Wein aus?

Börner: Er sollte Beständigkeit, Charakter und Individualität aufweisen. Etwas Unverwechselbares. Und natürlich auch Harmonie und Substanz.

Lauria: Welchen Wein trinken Sie am liebsten und warum?

Börner: Janus Geminus, weil er mir persönlich am besten schmeckt. Den Janus würde ich auch auf die berühmte einsame Insel mitnehmen. Er bietet mir die beste stille Gesellschaft.

Lauria: Was hat Sie in den letzten zehn Jahren über Wein und Weinanbau verwundert? Was haben Sie gelernt?

Börner: Ich war überrascht, wie viel Dilettantismus an vielen Stellen gepflegt wird. Und ich musste lernen, dass man das Maximum nur in Symbiose mit der Natur erreichen kann, es aber durchaus funktioniert, wenn man sich darauf einlässt.

Lauria: Was würden Sie anderen Winzern und solchen, die es werden wollen, empfehlen, um in Italien Fuß fassen zu können?

Börner: Neben einem langen Atem braucht es vor allem 3 Dinge: Perfekte Sprachkenntnisse, einheimische Mitarbeiter (d.h. Agronom, Önologen nur aus dem Land der Rebberge) und permanente persönliche Anwesenheit. Die Italiener brauchen den Kontakt zum „Padrone“ – dem Chef. Daher ist ein Familienmitglied von uns meistens vor Ort.

Lauria: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

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