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VDP-Preview: Ein ausgezeichnetes Jahr für Riesling-Puristen – Teil 1

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VDP-Preview: Ein ausgezeichnetes Jahr für Riesling-Puristen – Teil 1

Jedes Jahr zum ersten September kommen die mit Spannung erwarteten Weine als VDP.Grosses Gewächs, den sogenannten deutschen «Grand Crus», auf den Markt. Davor lädt der Verband der deutschen Prädikatsweingüter (VDP) Journalisten und Weinhändler aus 23 Ländern in den Kollonadensaal des Wiesbadener Kurhauses ein. Bei der bestens organisierten Probe verkosten internationale Weinexperten die Spitzengewächse der aktuellen Jahrgänge – immerhin 421 Weine aus 249 Lagen von 124 Weingütern wurden angestellt. WEINWISSER war alle drei Tage dabei, hat ausführlich verkostet und hier sowie bei diversen Nachverkostungen die (viele) Spreu vom Weizen getrennt.

Zusammen mit meinen Kollegen Jürgen Mathäß und Master Sommelier Frank Kämmer – beide sind ausgezeichnete Deutschland-Experten und seit Jahrzehnten als Fachverkoster bekannt – haben wir die besten und spannendsten Weine in Weiss und Rot selektiert, ausführlich beschrieben und bewertet. Zudem hat unser Autor und Blogger Markus Budai mitverkostet und im Rheingau und Rheinhessen zugeliefert.

Die Ergebnisse des dreitägigen Verkostungsmarathons mit gezielten Nachverkostungen finden Sie geballt in der Sonderausgabe zu den Grossen Gewächsen (GG) – Deutschlands trockene Spitze mit Grand Cru-Anspruch. Zusätzlich gibt es wieder eine ganze Reihe an Spezialverkostungen und Berichten, die anlässlich diverser Weingutsbesuche entstanden sind. So zum Beispiel bei unserer Wein.Persönlichkeit des Monats Klaus Peter Keller aus Rheinhessen und bei Nicht-VDP-Mitglied Theresa Breuer vom Weingut Breuer oder Peter Jakob Kühn aus dem Rheingau, der dem WEINWISSER als erstes Wein-Medium zusätzlich zum aktuellen Sortiment die ganz grossen 2014er Raritäten Schlehdorn und Landgeflecht präsentierte, die ganze 3 Jahre auf der Vollhefe lagen. Ohnehin geht der Trend zur längeren Fassreife, das zeigte sich auch bei den diesjährigen Anstellungen.

Und alle drei Besuche waren Volltreffer, denn diese Kollektionen gehören unter anderen zu den allerfeinsten Deutschlands. Hier finden sich wieder einige grosse Weine mit den Top-Bewertungen von 18/20, 19/20 und mehr.

Zusätzlich haben wir zu jeder Region eine zusammenfassende Analyse vorangestellt, um so möglichst differenziert Region zu Region zu betrachten und mit kurzen Interviews zum Jahrgang ergänzt. So zum Beispiel mit Roman Niewodniczanski (Mosel), Thomas Haag (Mosel) und Sebastian Fürst (Franken). Apropos Interview: Bereits in der letztjährigen WW-Sonderausgabe 09/16 hatten wir VDP-Präsident Steffen Christmann (Interview auf Seite 2 und 3, hier geht es zum Heft https://goo.gl/647ei7), der ausführlich zu all unseren Fragen zur VDP-Klassifikation, zum Grossen Gewächs sowie über seine Vision vom deutschen Wein pointiert Stellung genommen hat. Die Langversion des Interviews finden Sie in den nächsten Tagen hier auf www.weinwisser.org.

 

Die Rückkehr zu mehr Finesse und Purismus

Das alljährliche Trommeln war auch in diesem Jahr nicht zu überhören – trotz der herausfordernden, ja sogar extremen Jahrgangsbedingungen. Doch das Ergebnis ist viel besser als noch im ersten Halbjahr befürchtet, wenn auch insgesamt die herausragende Reife und Konzentration des Vorjahres nicht erreicht wurde. Im Schnitt liegen wir einen halben bis einen ganzen Punkt unter dem Vorjahr. Aber eben nicht überall. In der Spitze gibt es wieder einige aussergewöhnliche Weltklasse-Weine, manche übertreffen sogar die Vorjahresergebnisse. Insgesamt haben wir 12 Mal die herausragende 19/20-Punkte-Karte („Weltklasse“) gezückt. Ein trockener Riesling schaffte sogar die Traumnote 19.5/20. Zudem 3 mal 19/20 für die besten Spätburgunder (separater Bericht folgt, sieh auch unser ausführliches Sonderheft zu den deutschen Pinots und dem Interview mit Jancis Robinson in WW 07/17. Hier gehts zur Ausgabe: http://goo.gl/pgu7fJ.

Und das trotz der Herausforderungen, mit denen die Winzer auch in 2016 zu kämpfen hatten. Angefangen von einem enormen Peronospora-Druck infolge anhaltender Regenfälle während der Blütezeit und darüber hinaus bis hin zum Kampf um Reife. Allgemein gesprochen ist es ein klassischer und dank eines rettenden Altweibersommers insgesamt auch sehr guter Jahrgang, bei dem eine erfreuliche Rückkehr zu mehr Finesse, Trinkfluss und niedrigeren Alkoholwerten festzustellen ist. „Weniger ist mehr“ scheint als Devise bei den Spitzenwinzern nicht nur bei den Pinots angekommen zu sein. Die Weine sind auch deutlich trockener und puristischer geworden, selbst im Rheingau, der sich damit traditionell etwas schwerer tut.

Kampf um physiologische Reife und schmeckbare Herkunft

Doch eben nicht überall hat man den Kampf um die Reife gewonnen. Einige dürften auch zu früh gelesen haben. Dementsprechend ist der Jahrgang auch wieder recht heterogen. So gab es wieder die zwar schlanken, rassig-zupackenden, aber auch gerbstoffreich-phenolischen Weine mit limitiertem Aromenspektrum und grüntönigen Noten. Zwar haben wir nix gegen eine «gute» Phenolik, Säurenerv und «Grip», aber diese – oft einer frühen Lese geschuldeten – Attribute alleine machen noch keinen grossen Wein oder gar einen Grand Cru aus, bei dem es ja um – idealerweise auf die Spitze getriebene ­– schmeckbare Herkunft gehen soll. Und genau das sollte einen Grand-Cru-Wein auszeichnen und von einem bloss gut gemachten Wein im Sinne einer trockenen Spätlese abgrenzen. Sonst liesse sich auch der deutlich höhere Preis hierfür kaum rechtfertigen – und auf Dauer am Markt auch nicht durchsetzen. Sage und schreibe 629 GG-Neuerscheinungen aus 249 als Grosse Lage klassifizierte Weinberge (Stand August 2017) kommen auf den Markt. Nicht alle lösen dieses hohe Qualitätsversprechen ein und es stellt sich die Frage, ob alle Lagen wirklich Grand Cru-tauglich sind? Gerade in 2016 schmeckt man doch einigen Weinen an, dass ihnen nicht nur der Faktor Zeit im Sinne eines «slow maturing» im Aromenbildungsprozess am Stock gefehlt hat, sondern schlicht auch das terroirgeprägte Grand-Cru-Format.

Wer aber die Weinberge so vorbereitet hat, dass er den goldenen Altweibersommer und die kühlen Oktobernächte mit Blick auf die langsamer werdende Traubenausreifung mitnehmen konnte, hat auch in 2016 grandiose Weine gemacht. „Wir haben unsere GG Mitte Oktober, den Morstein sogar erst am 03. November geerntet“, so Keller. „Wir wollen diesen Extra-Kick an Eleganz und Komplexität mitnehmen“, erklärt er den Nutzen dieses durchaus auch risikoreichen Unterfangens. Und Sebastian Fürst aus Franken ergänzt: „Der Jahrgang musste dem Weinberg regelrecht abgerungen werden.“

Fazit: Die Rieslinge aus 2016 zeigen eine Rückkehr zu Frische und Finesse. Die Traubenreife und damit die Konzentration des Vorjahres waren nicht zu erreichen. Dafür gab es vielerorts überraschend gesunde Trauben, eine packende Säure und moderate Alkoholwerte. Als Vergleich kann man vielleicht die Jahrgänge 2008 und 2010 heranziehen, die sich bei den Spitzenrieslingen prächtig entwickelt haben und so manchen hoch gelobten Wein aus den vermeintlich grösseren Jahren wie 2007 und 2009 in den Schatten stellen. Dank der stabilen Säure dürften die Weine über ein sehr gutes Alterungspotenzial verfügen. Ein weiterer Vorteil des Jahrgangs: Die Weine wurden deutlich trockener und puristischer ausgebaut. In der Spitze ein ausgezeichnetes Jahr für Riesling-Puristen.

WEINWISSER Best-of: Die 17-Punkte-Eintrittskarte

Aus den rund 400 probierten Weinen haben wir die aus unserer Sicht besten und spannendsten Weine ausgewählt und viele davon auch noch einmal gegeneinander nachverkostet. Und wir haben sie in jeder Region nach der Punktewertung von «oben nach unten» sortiert, damit die «Outperformer» und Kaufempfehlungen auf den ersten Blick im Sinne eines Best-of sichtbar werden. Je nach Region, lag die Eintrittsschwelle meist bei 17/20-Punkten, in manchen Regionen oder Kategorien auch bei 16.5/20. Nur etwas mehr als die Hälfte schaffte überhaupt den Sprung über diese Schwelle. Und zu den Pinots, die unzweifelhaft an Klasse zunehmen und mit 2015 einen erfolgsversprechenden Jahrgang zeigen, haben wir zusätzlich zu unserem Pinot-Dossier in Ausgabe WW 07/17 http://goo.gl/pgu7fJ mit dem ausführlichen Interview mit Jancis Robinson noch einmal eine separate Story gewidmet. All dies kommt in ausführlicher und geballter Form in unserer nächsten WEINWISSER-Ausgabe, die in etwa einer Woche mit allen Bewertungen, Interviews, Spezials und ausführlichen Verkostungsnotizen bei unseren Abonnenten eintreffen wird. Teil 2 des Preview mit dem Regionen-Ranking und den Outperformern folgt in Kürze.

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